Hartnäckigkeit zahlt sich aus / Teckelhündin Henna hat überlebt

An einem Samstagmorgen im Februar 2006 bin ich mit meinem Jagdkollegen die Kunstbauten und Röhren der großen Durchlässe kontrollieren gegangen. Kein Haar war zu Hause! Zuletzt stellten wir an einem steilen Flussbord ab, an welchem es dutzende von Bauten gab. Wir haben uns ein "kleiner" Bau ausgewählt, welcher nur aus zwei Röhren besteht. Henna nahm die eine Röhre sofort an. Kurzum hörte man, wie im Bau etwas im Gange war. Nach ca. 5 Min. sprang bereits ein Fuchs, welcher von mir erlegt werden konnte. Der Hund kam kurz raus und sicherte, dann ist er sofort wieder in die Röhre eingefahren. Nach ca. 40 Min horchte ich am Bau, ob überhaupt noch etwas auszumachen sei. Starkes Gerangel und Gepolter war zu hören. Nach noch einmal ca. 30 Min. entschlossen wir uns, dass wir die erlegte Fuchsfähe und meine Jacke vor den Bau legen in der Hoffnung, dass der Hund danach dort bleiben und auf uns warten wird. Wir gingen kurz etwas Essen. Nach ca. 45 Min waren wir retour. Es war kein Hund auf der Jacke (habe ich schon oft so gemacht und diese Methode hat immer geklappt).

Am resp im Bau selber hat man nichts mehr gehört. Wir dachten, dass der Hund den Fuchs gesprengt hat und dann in einen benachbarten Bau wieder eingewechselt hat. Wir waren frohen Mutes und dachten, dass der Hund bald kommen wird. Doch dies war nicht so! Großräumig haben wir das Flussbord und die Gegend bis in die Dämmerung abgesucht. Am Abend informierte ich die Polizei -> Hund wird vermisst.

Den ganzen Sonntag bin ich, meine Familie und der Jagdkollege dieses Jagdreviers das ganze Gebiet abgelaufen und suchen gegangen.

Ich habe eine Pendlerin eingeschaltet. Diese sagte mir, dass der Hund noch lebe und mit Erde zu kämpfen habe. Am Montagmorgen habe ich noch einmal das ganze Gebiet abgesucht (alle 50 Meter starke Hornstöße gegeben). Dann habe ich alle Tierheime in der weiteren Region und die umliegenden Gemeinden kontaktiert und informiert -> Nichts gehört, nichts gesehen. Die Pendlerin informierte mich, dass sie noch immer "Lebend-Signale" erkennen könne. Der Hund müsse am Leben sein. Am Montag-Nachmittag entschloss ich mich den Bau zu öffnen. Mein Vater und verschiedene Jagdkollegen griffen zu Hacke und Schaufel. Nach ca. zwei Stunden sah ich, dass es mit Handarbeit aussichtslos ist. Bei meinem Arbeitgeber (Straßen- und Tiefbauunternehmung) orderte ich einen großen Schreitbagger (Menzi Muck) auf den Bau, damit die Röhren und der Kessel freigemacht werden können. Aus Sicherheitsgründen musste mein Jagdkollege (Förster) eine große Fichte und andere Bäume umsägen (der Bau war z.T. unter diesem Fichten-Stock).

Gegen 20.30 Uhr haben wir die Übung abgebrochen. Ich habe mir gesagt: Man hat nun getan, was man tun konnte. Leider hat es nicht wollen sein!?! Alle Röhren-Gänge konnten wir kontrollieren bis auf eine Röhre, welche direkt in den Berg hinein führte. Dieser Röhre wollten wir nicht weiter nachgraben (Sicherheitsgründe). Die ungesicherte Kies- und Sandwand betrug über fünf Meter. Wir entschlossen uns, diese Röhre frei zu halten und das restliche Erdmaterial wieder in die "Baugrube" aufzufüllen und den Platz zu planieren, so dass die Natur ihren weiteren Lauf nehmen konnte.

Am Dienstagmorgen habe ich zusätzlich einen anderen Pendler kontaktiert. Dieser war früher selber zur Jagd gegangen und kennt die Risiken der Baujagd genau. Er ist ein 91-jähriger Innerschweizer, welcher weit über die Region bekannt und als kauzig gilt. Ich habe ihm den Vorfall erläutert. Noch vor dem Mittag telefonierte er retour. Er sagte mir, dass der Hund zu 95% noch lebe, und dass er unweit vom Bau entfernt sei. Ich solle das Jagdsignalhorn und die Flinte mitnehmen. Zuerst in jedes Loch einen Hornstoß geben und dann vor jedem Eingang einen Schrot-Schuss abgeben. Dann horchen, ob man etwas hören könne.

Ich telefonierte noch einmal der anderen Pendlerin. Diese meinte auch, dass sie noch schwache Lebenszeichen empfangen könne.

Ich raffte mich noch einmal zusammen und ging schauen. Als ich beim Bau war (wo der Hund am Samstag eingefahren ist), wo wir am Vortag dutzende m3 Erdmaterial mit dem Bagger umplatziert haben, und zuletzt eine Röhre nicht öffnen konnten, weil diese direkt in den Berg hineingegangen war, hörte ich einen Klagelaut. Zuerst dachte ich, dass ich mir dieses Klagen einbildete. Dann habe ich noch einmal kräftige Hornstöße in den Bau gegeben. Noch einmal gelauscht --- da war doch was ....

Dann habe ich mit der Flinte vor dem Baueingang einen Schuss abgegeben. Noch einmal gelauscht --- dann hörte ich, dass sich zwei Tiere am Kragen packten. Offenbar hat durch den Schuss der Fuchs oder Dachs (ich wusste nicht was drinnen war) noch einmal Angst gekriegt, und der Hund hat die letzten Kräfte für den Kampf mobilisiert.

Sofort habe ich einen unserer Bauführer (dieser hat viel Erfahrung im Rückbau) und bei der Disposition der Erdbauabteilung noch einmal den Spezial-Bagger geordert. Nach ca. 2,5 Std. baggern konnten wir die Röhre zum Teil freilegen. Zuerst habe ich den Fuchs im Kesseleingang gesehen, wie er sich vor dem Licht der Taschenlampe gedreht resp. geduckt hat. Dann habe ich nach dem Hund gerufen. Langsam ist Henna nach vorne gekrochen. Ich habe den Hund sofort unter den Arm genommen und bin in die mir bekannte Tierklinik geeilt.

Die ersten 24 h sind sehr kritisch, weil der Hund eine Art Sauerstoff-Schock kriegt (haben mir die Fachleute gesagt). Ein weiteres Hauptproblem ist der Wassermangel. Die Hündin war nun 83 Std lang im Bau mit dem Fuchs zusammen eingeklemmt resp. eingeschlossen. Durch die ständige Rangelei und die Grabarbeiten der Freiheit entgegen ist der Sauerstoff auf ein Minimum gefallen.

So wie es aussieht, ist ein Kamin des Röhrensystems im Bau mit Rundkies in sich zusammen gefallen, dadurch ist der Ausgang dieses Kessels resp. diese Röhre verschüttet worden.

Nach einem Tag ärztlicher Betreuung konnte ich die Hündin abholen gehen. Den Umständen entsprechend geht es ihr sehr gut. Die Verdauung und der Appetit sind wieder angesprungen. Die Freude in der Familie und meiner Jagdkameraden sowie im Tiefbauunternehmen sind riesig. Ich bin überzeugt, dass mir der Hund noch viele Jahre beste Dienste erweisen wird.

Für die Zukunft wünsche ich allen Waidmannsheil und hoffe, dass auch Ihr den Hund in einer ähnlichen Situation nicht zu früh aufgebt, sondern der Such- und Finderwille des Herrchen aktiviert wird.

PS: Ich war noch keine 10 Meter vom Bau weg, so konnte mein Vater den starken Fuchsrüden erlegen.

Adrian Schlatter aus der Schweiz
Mitglied im Teckelclub, Gruppe Südbaden

Bild "Unsere Gruppen:SBHennaBagger.JPG"